Neues Wasser in alten Schläuchen – das passt nicht

Die Bewässerung muss noch effizienter werden

Das aktuelle Jahr zeigt wieder einmal, wie sehr trotz aller Technik die landwirtschaftliche Produktion von der Witterung abhängig ist. Die Trockenheit wirft in der Praxis auch Fragen nach der Beregnungswürdigkeit landwirtschaftlicher Kulturen auf. Diesen wurde am 9. Juli in Babenhausen beim Hessischen Bewässerungstag des Landesbetriebes Landwirtschaft (LLH) und des Wasser-, Boden- und Landschaftspflegeverbandes (WBL) nachgegangen.

Dr. Bernhard Keil unterstrich die Beregnungswürdigkeit der Sandböden bei Babenhausen.

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Dr. Gotthard Schaumberg begrüßte die etwa 35 Teilnehmer und stellte folgende Fragen in den Raum: Wie ändert sich der Bewässerungsbedarf zukünftig? Welche Eigenschaften hat der Boden und wie viel Wasser kann er speichern? Lohnt sich die Investition in Bewässerungstechnik? Welche Technik ist energieeffizient? Antworten darauf sollten im Verlauf der Tagung gefunden werden.

Effektive Bewässerung verbessert die N-Bilanzen

Dr. Jörg Hüther vom Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Wiesbaden machte deutlich, dass effektive Bewässerungsgaben auch eine höhere N-Effizienz zur Folge haben und somit zur Verbesserung der N-Bilanzen in der Landwirtschaft beitragen können.

WBL-Verbandsvorsteher Friedrich Schäfer zeigte sich besorgt über die anhaltende Trockenheit im Land. „Wassergaben sind nicht vornehmlich dazu da, die Erträge zu erhöhen, sondern um die Qualität zu retten“, stellte er fest. Dazu sei ein hoher Kenntnisstand der Anwender erforderlich, denn Technik und Einsatz seien teuer.

Manfred Horn, Verbandsvorsteher des Bewässerungsverbandes (BV) Babenhausen-Harreshausen, erläuterte die örtlichen Gegebenheiten: „Unsere sandigen Böden verfügen nur über eine geringe Wasserhaltefähigkeit, liegen aber mit einem Grundwasserstand von 4 bis 5,50 Meter unter Flur relativ grundwassernah. Daher wurde am Ort schon 1952 mit etwa 30 Mitgliedern der Bewässerungsverband gegründet, und es wurden rund 30 Brunnen gebohrt.“ Der BV Babenhausen-Harreshausen sei damit der ältester Bewässerungsverband in Hessen.

Die Manfred und Christian Horn GbR bewirtschaftet in Harreshausen 170 ha Ackerfläche, baut auf 24 ha Körnerfenchel sowie Rollrasen an und betreibt ein Pferdehotel. Die Beregnung der Rollrasenflächen wurde am Nachmittag besichtigt.

Trockenheit im Frühsommer nimmt zu

Mit Einschätzungen zum Klimawandel und zum künftigen Wasserbedarf der Kulturen eröffnete Prof. Jana Zinkernagel, Hochschule Geisenheim, den Vortragsteil. Sie zeigte anhand von langfristigen Klimaaufzeichnungen und Prognosemodellen, dass tendenziell die Niederschlagmengen in der Region unverändert bleiben, sich aber anders verteilen werden: Der jetzt schon zu beobachtende Trend zur Frühsommertrockenheit werde sich wohl weiter verstärken und andererseits im Winter mehr Niederschlag fallen.

Langfristig sei sowohl im Hessischen Ried als auch in der Vorderpfalz mit einem erhöhten Wasserbedarf im Gemüsebau zu rechnen. Man müsse aber auch bedenken, dass sich die Vegetationsperiode nach vorne und hinten verlängern werde; dies könne bei früherer Aussaat und hohen Frühjahrs-Regenmengen auch zu einem sinkenden Wasserbedarf beispielsweise bei Zwiebeln führen, so Zinkernagel.

Neue Anlagentechnik kann richtig Geld sparen

Jürgen Kleber, ebenfalls von der Hochschule Geisenheim, referierte über Bewässerungstechnik im Freiland, und zeigte, wie Anlage zu planen beziehungsweise zu modernisieren sind. Alte Rohrleitungen seien für heutige Wassermengen oft mit einem zu geringen Rohrdurchmesser ausgestattet. Der dann benötigte höhere Druck koste aber immens viel Energie.

Kleber zeigte an Berechnungsbeispielen, dass sich die Verlegung neuer Leitungen mit größerem Durchmesser fast immer rechnet. Gleiches gelte für das Verlegen eine Parallelleitung, wodurch Fließgeschwindigkeit und Druckverlust deutlich sinken. Die dadurch gesparten Energiekosten überstiegen deutlich die erforderlichen Investitionen.

„Der Ersatz der alten Beregnungsmaschine lohnt sich ebenfalls fast immer. Holen Sie sich zur Bewässerungsplanung externe Beratung, denn die betriebswirtschaftliche Betrachtung ist komplex, und es kann viel Geld gespart werden“, so sein Credo.

Dr. Sandra Kruse informierte über rechtliche Voraussetzungen für eine Grundwasserentnahme.

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Prof. Jana Zinkernagel: Im Hessischen Ried und in der Vorderpfalz ist künftig mit einem erhöhten Wasserbedarf zu rechnen.

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Hermann Glaser erläuterte in seinem Gartenbaubetrieb den Anbau von Heidekraut auf 2,5 ha Freifläche und 7800 m2 unter Glas. Auch hier wird wegen der leichten Böden komplett mit eigenem Brunnen-wasser bewässert.

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90 Prozent aller Pumpen verbrauchen zu viel Energie

Auch Matthias Kaufmann (Firma Grundfos) stellte fest: „90 Prozent aller Pumpen verbrauchen bis zu 60 Prozent zu viel Energie.“ Gründe hierfür seien zu große Pumpen, starre Drehzahl, ein ineffizienter Motor, verschlissene Aggregate oder ungünstige Installation und Betriebsweise. Moderne Pumpen verfügten über einen deutlich besseren Wirkungsgrad, erläuterte der Fachmann. Und: „Pumpen mit langer Laufzeit haben immer Einsparpotenzial.“

Das größte Einsparpotenzial liege aber in der optimalen Auslegung und Betriebsweise der Anlage, welche Druckverluste minimiere oder auch den wechselnden Wasserstand im Brunnen berücksichtige. „Passen Sie die Leistung ihrer Pumpe an die tatsächlich erfoderlichen hydraulischen Anforderungen mit einer Drehzahlregelung an“, empfahl Kaufmann. Denn die beste Förderhöhe sei die, die gar nicht erst gefördert werden müsse; und hinsichtlich des Wasserstandes im Brunnen gelte: Langsamer, aber kontinuierlich fördern lässt den Pegel langsamer absinken.

Bewässerung nur für Ackerbau meistens nicht wirtschaftlich

Dr. Andreas Butz, LZT Augustenberg, beleuchtete die Wirtschaftlichkeit der Bewässerung anhand von Versuchen, die auch eine Variante mit reduzierten Zusatzwassergaben enthielten. Der Versuchsstandort Ladenburg liegt 100 m üNN, es fallen durchschnittlich 751 mm Niederschlag auf einen sandigen Lehm mit 64 Bodenpunkten, die nutzbare Feldkapazität liegt bei 19 Prozent.

Gerhard Rindle, Stockstadt, stellte auf den Rollrasen-Flächen von Manfred und Christian Horn seine „rain-control“ Strahlstörung vor, die ein Ausregnen der Schlagecken mit Kreisregnern ermöglicht. Die Umrüstung koste etwa 600 Euro (plus MwSt.).

„Ãœber alle Kulturen und Jahre gemittelt wurde durch die Zusatzwassergaben eine Mehrertrag von 24 Prozent erreicht; bei reduzierten Wassergaben – auf im Schnitt 62 Prozent – wurden immer noch 22 Prozent mehr geerntet.“ Aber wie steht es mit der Wirtschaftlichkeit, wenn man die variablen Kosten (Wasser, Energie, Personal,...) und Fixkosten (Abschreibung, Zinssatz) sowie die Mehrkosten für den Mehrertrag (v.a. Düngung, Ernte Transport, Trocknung) in Abzug bringt?

Hierzu konnte Butz an Beispielen belegen, dass eine Investition in Bewässerung ausschließlich für den Ackerbau (ohne Kartoffeln und Sonderkulturen) heute nur sehr eingeschränkt zu empfehlen ist. „Bei Zusatzauslastung vorhandener Technik fallen nur variable Kosten an, und eine Bewässerung, insbesondere bei Soja, Körnermais und Braugerste, ist dann mit einer mobilen Beregnungsmaschine rentabel“, so Butz. Bei vorhandener Technik sei die Bewässerung auf Trockenstandorten eine sinnvolle Risikoabsicherung im Ackerbau, bei an für sich rentablen Kulturen mit hoher Bewässerungswürdigkeit.

Jede Grundwasser-Entnahme ist erlaubnispflichtig

Ãœber die rechtlichen Rahmenbe-dingungen der Wasserentnahme für Beregnungszwecke informierte Dr. Sandra Kruse vom LLH in Griesheim. „Grundsätzlich ist jede Entnahme von Grundwasser erlaubnispflichtig“, betonte sie. Wenn Gründe des Gewässer- oder Gebietsschutzes oder auch der Gewässerbewirtschaftung der Entnahme entgegestünden, dürfe diese nicht erlaubt werden.

Wer eine Grundwasserentnahme beantragen will, hat etliche Unterlagen, beispielsweise zum Wasserbedarf und zum Grundwasserdargebot, beim RP einzureichen; der LLH halte hierzu Beratung und einen Fragebogen bereit. Auch nach der Bewilligung müsse die Wasserentnahme laufend dokumentiert werden, so die Beraterin.

Am Nachmittag wurden zwei Bodenprofile in der Gemarkung durch Dr. Bernhard Keil von der für die Bodenschätzung zuständigen Oberfinanzdirektion Frankfurt vorgestellt und besonders auf ihre Beregnungswürdigkeit hin beurteilt. Außerdem wurden ein Gartenbau- und ein Rollrasen produzierender Betrieb besucht, die ebenfalls durch die vorherrschenden Sandböden auf umfangreiche Beregnungsmöglichkeiten angewiesen sind (Fotos).

KB – LW 30/2015