Intensive und hochproduktive Milchwirtschaft in der Region

Mitgliederversammlung der Rinderzüchter

Die aktuellen Kostensteigerungen, die Milchpreisentwicklung und die Nachwuchsförderung, diese Themen wurden unter anderem an der Mitgliederversammlung der Bezirkszüchtervereinigung Rheinhessen Pfalz Saar thematisiert. Die beiden Referate lieferten den Zuhörern zudem wichtige Hinweise zu den Optimierungspotenzialen in der Milcherzeugung, sowie zum Monitoring von Tiergesundheit und Tierwohl. Ebenfalls stellten die Referenten klar, dass die fälschlicherweise oft kritisierten 100 000 Liter-Kühe in Sachen Nachhaltigkeit punkten können. Das LW war dabei.

Die Rinderzüchter blicken auf ein erfolgreiches Jahr und eine gelungene Rinderschau zurück. Abgebildet die Sammlungen der Betriebe Körner aus Kirkel-Altstadt, Karch aus Börrstadt, Müller aus Gimsbach, Wahlerhof und Betrieb Knobloch, beide aus Zweibrücken.

Foto: Schulte

„Sowohl die Corona-Pandemie, als auch der anhaltende Ukraine-Krieg erschweren die aktuellen Zeiten für Rinderzüchter und Milcherzeuger“, erklärt der erste Vorsitzende Dr. Gerd Karch in seiner Begrüßungsansprache der Mitgliederversammlung. Obschon der Milchpreis aktuell gestiegen ist, seien auch die Kosten für Betriebsmittel enorm hoch. „Wo sich das einpendeln wird, ist ungewiss“, fügt Karch hinzu, legt aber nahe, sich auf die Stärken der Rinderzüchter zu besinnen: „Wir haben hervorragende Betriebe mit einer hohen Durchschnittsleistung, die betriebswirtschaftlich gut zurechtkommen und anhand ihrer CO2-Werte im weltweiten Vergleich gut dastehen“. Es wurde in den vergangenen Jahren viel fürs Tierwohl getan und die Rinderzüchter seien gut für die Zukunft aufgestellt. In seinem anschließend vorgestellten Jahresbericht geht Geschäftsführer Klaus Knobloch zunächst auf den Strukturwandel ein, den die Züchtervereinigung beobachtet. Bei einer steigenden durchschnittlichen Milchliefermenge gehe die Anzahl der Betriebe zurück, so Knobloch. Nichtsdestotrotz freut sich Knobloch über zahlreiche 100 000 Liter-Kühe und hebt eine Kuh hervor, die mit einer Leistung von 176 000 Litern bei sieben Kälbern besondere Leistungsstärke aufweist.

Milchmenge pro Lebenstag ist ein wichtiger Maßstab

Diese Milchleistung entspreche einer Milchmenge von 28-30 Litern pro Lebenstag. „Die Milchleistung einer Kuh pro Lebenstag ist der Maßstab der Zukunft“, so Knobloch, „denn wenn eine solche 100 000 l Kuh mit langen Laktationen über Jahre hinweg eine so große Leistung bringt, dann ist sie nachhaltig und betriebswirtschaftlich am wertvollsten. Das sind unsere goldenen Kühe.“ Damit es mit der Leistungszucht auch in Zukunft weitergeht, haben sich bei den Rinderschauen der Züchtervereinigung die „Bambini-Klassen“ mittlerweile fest etabliert. Klaus Knobloch blickt am Ende seines Berichtes auf die vergangene Rinderschau zurück und legt ein wichtiges Augenmerk auf die Nachwuchsförderung. „Das ist mittlerweile eines der Highlights auf den Schauen. Es ist uns wichtig, dass die Kinder sich mit den Tieren beschäftigen, im Zuge dessen vieles lernen und dann ihre Kälber im Wettbewerb vorstellen. So kann unser Nachwuchs gefördert werden“, so Knobloch.

Nicht nur auf Kostenreduktion hoffen

Im Anschluss an die Ehrungen der Züchtervereinigung folgte das Referat von Josef Assheuer von der LWK Nordrhein-Westfalen. Darin widmete er sich verschiedenen Optimierungspotenzialen in der Milcherzeugung. Wird die Inflation weiter so hoch bleiben, wäre um wirtschaftlich arbeiten zu können ein höherer Milchpreis, eine höhere Milchleistung sowie eine höhere Kuhanzahl notwendig. Die Wahrscheinlichkeit, diese Punkte zu realisieren ist recht niedrig, daher könne man alternativ nur auf eine Kostenreduktion hoffen, so Assheuer. Wie sollte man also auf die Situation reagieren? Der Referent für Unternehmensführung empfiehlt die Beachtung folgender Punkte:

  • Fokus auf die Milcherzeugung legen
  • Stallplätze auslasten aber nicht überbelegen
  • Futtereffizienz verbessern Grundfutterleistung steigern
  • Färsenaufzucht intensivieren
  • Ãœberzählige Tiere durch den Kälberverkauf und die Verwendung von gesextem Sperma durchgängig und aktiv vermeiden
  • Liquidität planen Eigenkapital aufstocken
  • Preise (Ein- und Verkauf) absichern Einkommenssteuer bezahlen
  • Auf Abschwung vorbereitet sein

Weiterhin ging Assheuer auf die Lebenseffektivität als Erfolgsfaktor in der Milchproduktion ein. „Wenn die Lebenstagsleistung hoch ist, ist das eine Auszeichnung für die Qualität des Betriebsmanagements“, so Assheuer. Eine gute Lebenstagsleistung (LTL) gehe zudem mit einer Kostenreduzierung von 5ct/kg Milch einher. Um eine erfolgreiche LTL zu erreichen sei unter anderem eine frühzeitige Merzung zu vermeiden. Der Hauptgrund dafür seien Eutererkrankungen (in 32 Prozent der Fälle). Dies ist zumeist auf unzureichende Prophylaxe, Hygiene und Monitoring zurückzuführen. Eine Amortisierung finde nämlich erst nach der dritten Laktation statt. Jungkühe sollten demnach nicht in ihrer Leistung gebremst werden. Nachweislich liege eine gute Persistenz, sowie eine lange Nutzungsdauer bei höchster Leistung vor.

Für ihre besonderen züchterischen Leistungen zeichneten Geschäftsführer Klaus Knobloch und Vorstandsvorsitzender Dr. Gerd Karch (rechts im Bild) die Rinderzüchter Manfred Rahm-Palloks, Niklas Schifferer, Andreas Schifferer, Michael Schmitt, Michael Schappert, Lukas Müller, Tobias Zarth, Michael Schreiner, Steffen Schreck, und Anna Körner (v.l.) aus.

Foto: McKenna

„Die Milchpreise werden immer weniger kalkulierbar“, erklärt Josef Assheuer abschließend, daher gelingt es nur mit überdurchschnittlichen Leistungen wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Werden Optimierungspotenziale wie eine hohe LTL und eine hohe Arbeitseffizienz klug genutzt, bietet dies eine gute Perspektive für erfolgreiche Unternehmer, schlussfolgert der Referent.

Im zweiten Referat der Züchterversammlung lieferte Hergen Rowehl aktuelle Informationen vom Landeskontrollverband (LKV) Rheinland-Pfalz-Saar. Die Milchproduktion stehe unter Anpassungsdruck, eröffnet Rowehl seinen Vortrag, und nennt vor diesem Hintergrund Einflüsse wie etwa die Düngeverordnung und den Klimawandel. Auch an den Zwang zur Reduktion von Emissionen müssen sich die Tierhalter anpassen, obwohl dieser teilweise im Widerspruch zum Tierwohl stehe. „Die Bundesregierung muss klar sagen, wo der Fokus liegt“, so Rowehl. Die Frage ob Methan nun wirklich der große Klimakiller sei, bleibt offen. 2019 stammten circa 63 Prozent der Methanemissionen aus der Landwirtschaft und davon 96 Prozent aus der Verdauung der Rinder und des Wirtschaftsdüngermanagements.

Allerdings berichtet Hergen Rowehl in diesem Zusammenhang von Forschungsergebnissen des Instituts für Nutztierbiologie in Dummerstorf. Diese zeigen, dass die Viehbestände in Deutschland seit 2003 weniger Methan ausstoßen als 1892. Von 1990 bis 2021 gingen die Methan­emissionen um 390 000 Tonnen zurück. Auch ein deutlicher Rückgang der Tierbestände trägt zu den reduzierten Methanemissionen bei. Vergleicht man den Methanausstoß bei unterschiedlicher Milchleistung wird klar: Gibt eine Kuh nur 4 000 kg Milch pro Jahr wird bei einem Bestand von 200 Kühen etwa 30,8g Methan pro Kilogramm Milch ausgestoßen. Betrachtet man aber Hochleistungskühe, die etwa 10 000 kg Milch pro Jahr geben, wird bei einer Bestandsgröße von 80 Tieren nur 14,6g Methan pro Kilogramm Milch ausgestoßen.

Weiterhin berichtete Hergen Rowehl, dass alle deutschen LKVs unter dem

Namen „Q-Check“ allgemeine Tierwohlindikatoren entwickelt haben. Damit ist es gelungen aus vorhandenen Daten Informationen zum Tierwohl und zur Tiergesundheit zu extrahieren. „Durch diese Zusammenarbeit können wir nun von Flensburg bis Berchtesgaden auf vergleichbare Zahlen zurückgreifen. Dies hilft dem Landwirt Produktionsprozesse zu dokumentieren und Schwachstellen zu erkennen. Zusätzlich hat er eine Vergleichsmöglichkeit mit anderen Betrieben“, erklärt Rowehl. Mit der Sammlung dieser neutralen und faktenbasierten Daten ist es auch möglich, öffentliche Falschaussagen sachlich zu widerlegen.

lmc – LW 13/2023