Gea stellt automatisches Melkkarussell in der Praxis vor
Neu ist außerdem die Melkroboter-Monobox
Zu einem Symposium hatte Gea Farm Technologies kürzlich über 120 Gäste der internationalen Presse und der Beratung zu einem Gedankenaustausch nach Teichröda, Thüringen, geladen. Sibylle Möcklinghoff-Wicke, Innovationsteam Milch Hessen, berichtet für das LW.
Für Gea Farm Technologies ist der Weg in die Zukunft der Milchviehhaltung eng mit einer zunehmenden Automatisation verknüpft, wie Vice President Dr. Armin Tietjen deutlich machte. Auch wenn der aktuelle Marktverlauf die Milchpreise negativ beeinflusse, sei es doch sicher, dass weltweit die Nachfrage nach Milch und Milchprodukten schneller wachsen werde als das Angebot. Investitionen in die Zukunft seien deshalb in der gesamten Wertschöpfungskette notwendig.
Die Frage nach der optimalen Betriebsgröße in der Zukunft sei stark abhängig von der Automatisationsstufe im Betrieb. Mit den immer intelligenteren technologischen Lösungen könnten immer mehr Kühe von einer Arbeitskraft betreut und gemanagt werden, so Tietjen. Die unternehmerischen Fähigkeiten werden immer mehr gefordert, die vielen unterschiedlichen Geschäftsbereiche im Betrieb zu managen. Hier liefert moderne Technologie bereits heute wertvolle Unterstützung. Im Betrieb gehe es nicht mehr ausschließlich um den maximalen Profit, sondern um die optimale Nutzung aller Kapazitäten und dazu zähle immer mehr auch die Work-Life-Balance des Unternehmers. Mit dem Einsatz moderner Technologie könne man sich Freiraum verschaffen. Vor allem in Wachstumsbetrieben sei die Arbeitskraft der limitierende Faktor für die Entwicklung.
Daten des gesamten Betriebes mit Software 365 Farm Net vernetzen
Einen vielversprechenden Ansatz, wie sich zukünftig Daten, Equipment und Management auch über die Milchproduktion hinaus mit einem integrierten Ansatzes vernetzen lassen, sei „365 Farm Net“. Mit dieser neuen Software werden die Daten des Gesamtbetriebes mit Stall-, Herden- und Gesundheitsmanagement sowie automatischem Füttern und Melken miteinander verknüpft. Mit dieser Arbeits- und Informationsplattform ließen sich Daten aus der Futterproduktion, dem Ackerbau und verschiedenen Bereichen aus der Tierproduktion miteinander verknüpfen und helfen, das Betriebsmanagement zu verbessern. Das Besondere sei, dass unterschiedliche Hersteller aus der landwirtschaftlichen Produktionskette miteinander vernetzt werden – unter Einbeziehung von Maschinenherstellern, Pflanzenschutz- und Düngerproduzenten, Zuchtunternehmen, Futtermittellieferanten und Landtechnikherstellern für die Tierproduktion. Gea Farmtechnologies sei an 356 Farm Net beteilligt, da die Daten von Cow View und Dairy Net, der Weiterentwicklung des Dairy Plan 21 Herdenmanagementprogramms, über die neue Plattform zur Verfügung gestellt werden können. Der große Vorteil für den Anwender: Das gesamte Betriebsgeschehen sei in nur einer Softwarelösung zu steuern und kontrollieren.
Vollautomatisches Melkkarussell Dairy Pro Q für große Herden
Eine logische Weiterentwicklung der Firmenstrategie „Steigerung der Arbeitseffizienz und gleichzeitig optimale Arbeitsplatzgestaltung und beste Work-Life-Balance“ für unterschiedliche Betriebsgrößen sei das vollautomatische Melkkarussell Dairy Pro Q, so Gea. Nachdem es erstmals im Modell auf der Eurotier 2012 vorgestellt wurde, hat es nun die Praxisreife erreicht und wurde der Fachpresse in der Agrargenossenschaft Teichel e.G. in Teichröda, vorgestellt (40iger Dairy Pro Q, seit 1 Jahr im Praxiseinsatz; 550 Milchkühe). Aktuell gibt es vier Betriebe in Deutschland, die mit einem Dairy Pro Q automatisch melken. Mit Dairy Pro Q (DPQ) können auch größere Betriebe bei festen Melkzeiten wirtschaftlich und effektiv automatisch melken; es ist speziell auf die Bedürfnisse größerer Herden von 600 bis zu 3 200 Kühen abgestimmt, die bis zu dreimal täglich gemolken werden können oder bis zu 4 500 Kühe, die zweimal täglich gemolken werden. Es gibt Plattformgrößen von 28 bis zu 80 Kühen (120 bis 400 Kühe/h Melkleistung mit 1 Operator), die Umdrehungszeit liegt im Mittel bei 15 Minuten.
Melkplatzmodul übernimmt alle Schritte des Melkprozesses
Mit dem automatischen Melkkarussell soll die gleiche Produktivität erreicht werden, wie beim konventionellen Melken. Das Melkplatzmodul übernimmt alle Schritte des Melkprozesses: vom Ansetzen über die Zitzenreinigung (Predip) sowie der Vormelkprobe, dem melken bis zum Postdippen und der Abnahme der Melkbecher. Das gilt auch für die Zwischendesinfektion der Melkbecher und der äußeren Reinigung zwischen den Melkvorgängen. Das Melkplatzmodul führt das Ansetzen und Abnehmen der Melkbecher eigenständig und autonom durch (Viertelmelken). Anders als bei anderen Systemlösungen für das automatische Karussell sind hier alle Plätze auf dem Karussell mit einem Melkmodul ausgestattet, sodass jederzeit ein freier Zugang zu jedem Tier beziehungsweise zu jedem Euter besteht. Der Melker, beziehungsweise DPQ-Systemmanager könne noch andere Aufgaben im Herdenmanagement übernehmen, denn er ist für die Kontrollaufgaben nicht ortsgebunden, so Gea.
Wartung der Melkplatzmodule findet im laufenden Betrieb statt
Besonders ist auch, dass jedes Melkplatzmodul eigenständig arbeitet und so eine Wartung eines Moduls auch im laufenden Betrieb möglich ist. Im „plug and play“-Modus ist das komplette Modul einfach zu entnehmen und im Reparaturfall durch ein Austauschmodul zu ersetzen. Bei einem Gewicht von etwa 300 kg pro Modul wird bei der Karussellerrichtung auch immer ein Lastenkran installiert, der die Hebearbeiten übernimmt. Im Serviceraum, der in einem Nebenraum direkt beim Karussell angeordnet ist, kann dann die notwendige Reparatur, unabhängig von der Melkzeit, durchgeführt werden.
Laut Firmenangaben kostet ein einzelnes Melkplatzmodul etwa 45 000 Euro. Somit liegen die Investitionskosten deutlich über einem konventionellen Melkkarussell, sodass auch hier eine optimale Auslastung der Technik wichtige wirtschaftliche Grundvoraussetzung ist. Dennoch gibt es eine Reihe von Vorteilen, die für Dairy Pro Q sprechen:
- Vollständig automatisierter Melkvorgang für größere Bestände zu festen Melkzeiten
- kontinuierliches, gleichmäßiges Melken mit fester Melkroutine
- Flexibilität für Special Needs- /Trouble-Gruppen durch zwei Melkleitungen
- Arbeitszeitersparnis: Arbeitseffizienz für wachsende Betriebe verbessern (mehr Kühe mit gleichem AK-Besatz)
- Einfache Anwendung, LED-Signale, attraktiver Arbeitsplatz, weniger physisch anstrengende Arbeit für das Personal; wird ein Melkzeug abgetreten, hängt der Roboter wieder an
- Einfacher Service der Module, kein Melkzeitausfall
- Größe des automatischen Karussells auf Bestandesgrößen anzupassen: von 28 Plätzen bis zu 80 Plätzen
- Bei 40 er Dairy Pro Q reicht 0,5 AK zur Kontrolle pro Melkzeit (Prof Geidel THW Dresden)
Typische Fragen zum Dairy Pro Q-Melkkarussell
Warum auf drehender Plattform? Weil dann Zu- und Abtrieb einfacher zu organisieren ist, denn die Kuhwege dürfen sich nicht kreuzen; außerdem ist der Zugriff auf jede Kuh zu jeder Zeit möglich.
Warum bis zu 80 Module auf einer Plattform? (Kosten) Jeder einzelne Platz kann melken; je nach Bestandsgröße und Anzahl Melkzeiten kann die optimale Größe genutzt werden; falls ein Modul ausfällt/Störung hat, können alle anderen weiterhin melken.
Was heißt „Inline-Lösung“? Sowohl das Vormelken, das Reinigen, das Melken, das Dippen funktioniert in einem Melkbecher, nach jedem Melkvorgang wird jeder Zitzenbecher automatisch gespült (Back-Flush-System).
Können alle Kühe/Euterformen gemolken werden? Da jederzeit ein Handansetzen möglich ist, können alle Kühe gemolken werden.
Geht das Dairy Pro Q nur im Karussell? Generell ist der Einsatz dieses automatischen Melkmoduls auch in anderen Melkstandformen (FGM, SbS) möglich, allerdings ist die Praxisreife hier noch nicht erreicht.
Möcklinghoff-WickeNeu ist die Monobox, ein AMS für Betriebe mit 70 Kühen
Am Ende des Tages, der viele Einblicke über die Möglichkeiten der Technologienutzung in der Milchviehhaltung der Zukunft zeigte, stellte Gea die Monobox, ein automatisches Melksystem für Betriebe bis 70 Kühe, die keine weitere Bestandsaufstockung planen. Mit dieser Anlage rundet Gea die Systemlösungen für das automatische Melken für alle Betriebsgrößen ab. Die Monobox hat die gleiche Sensor- Technik wie das Melkmodul im DPQ und ist bereits in mehreren Betrieben in Deutschland, den Niederlanden und Kanada im erfolgreichen Praxiseinsatz.
Das Besondere ist, dass die Monobox nicht erweiterbar ist. Für Betriebe über 70 Kühe bietet Gea die MIone-Multibox mit 1 bis 5 Melkplätzen an. Die MonoBox erfordert eine Grundfläche von 5,10 m² und entsprechenden Platzbedarf für den Kuhverkehr und kann sehr schnell vor Ort installiert werden (schneller als MIone 1 Box), da sie einfacher zu transportieren und zu installieren ist. Mit dem Monobox-Melkroboter setzt Gea die angekündigte Plattformstrategie ihres Dairy Pro Q-Melkplatzmoduls um und ergänzt damit sein Portfolio im Bereich automatisches Melken: Während das bewährte MultiÂbox-System MIone weiterhin das optimale System für Betriebe ab 70 Tieren darstellt, wird die Monobox ausschließlich für Betriebe bis etwa 70 Tiere erhältlich sein. Optisch zeichnet sich das Monobox-System durch ein neuartiges und gradliniges Design aus, das einen reibungslosen und einfachen Tierverkehr ermöglichen wird. Wie beim Dairy Pro Q-Melkkarussell werden alle Arbeitsschritte automatisch und effizient durchgeführt: von der Zitzenreinigung, dem Ansetzen der Zitzengummis, dem Melkvorgang bis hin zum Dippen.
Das Symposium zeigte, mit welchen zukünftigen Chancen und Herausforderungen Gea rechnet und mit welchen Lösungen unterschiedliche Bestandesgrößen bedient werden können. Auch in der Landwirtschaft wird das „Internet der Dinge“ eine weiterhin steigende Bedeutung bekommen. Das bedeutet, dass der klassische Computer als Gerät zunehmend verschwindet und durch „intelligente Gegenstände“ ersetzt wird. Das Internet der Dinge soll den Menschen bei seinen Tätigkeiten unmerklich unterstützen, ohne abzulenken oder überhaupt aufzufallen. Typische Beispiele sind „Wearables“ mit unterschiedlichen Sensoren, die direkt in Kleidungsstücke eingenäht werden. Ähnlich wie in anderen Wirtschafts- und Lebensbereichen wird auch diese neue Form der Intelligenz in der landwirtschaftlichen Produktion Einzug halten – Maschinen, die miteinander kommunizieren, die sich gegenseitig ein Feedback geben und so dem Betriebsleiter bei der Betriebsführung Arbeit abnehmen.
– LW 28/2015